Am Montag, 29. April, wurde der Haushalt des Landkreises mehrheitlich verabschiedet. Hier die Rede des SPD-Fraktionssprechers Sebastian Koch.
Sehr geehrte Frau Landrätin, verehrte Kreistagskolleginnen und -kollegen,
ich bin erst seit gestern wieder im Lande. Die Kreisausschusssitzung mit der Vorberatung dieses Kreishaushalts habe ich bedauerlicherweise verpasst. Warum? Weil ich den portugiesischen Jakobsweg gegangen bin. Manch einer denkt sich jetzt: Was für ein unpassendes Timing für einen Kreistagsfraktionsvorsitzenden, wo man doch weiß, dass im April der Kreishaushalt beschlossen wird.
Nun, ich kenn meinen Hang zu herausfordernden Reden und habe mich gerade deshalb, sozusagen zur Selbstkasteiung als sittsamer Koalitionär auf den Weg gemacht. Aber freilich habe ich mich auch während meiner Pilgerreise eingehend mit einer tiefgründigen kreispolitischen Publikation befasst, nämlich dem Landrätin-Pixi-Buch! Völlig zurecht wurde dieses auf keiner der in den letzten Wochen mehrfach aufgelegten Listen mit Einsparungspotenzialen erfasst, denn dieses literarische Meisterwerk bringt durchaus auf den Punkt, welche Aufgaben dem Landkreis zufallen: ÖPNV, Kreiskrankenhaus, Landschaftspflege, Abfallwirtschaft, Kreisstraßenbau inkl. Radwege, die Schaffung und Vorhaltung von Bildungsangeboten!
Wenn ich mir den Kreishaushalt so ansehe, stelle ich fest, dass diesem Aufgabenportfolio Rechnung getragen wird. Vor allem gilt das für den Verwaltungshaushalt, während ich mir bei manchen Bereichen im Vermögenshaushalt durchaus mehr Schubkraft wünschen würde!
Lassen sie mich auf den Verwaltungshaushalt eingehen.
Ja, dieser steigt auch in diesem Jahr wieder und zwar um 14 Prozent. Das ist nicht erfreulich, ABER wenn ich dies mit den Steigerungen in anderen Landkreisen vergleiche, stelle ich fest dass wir uns damit zu mindestens im Mittelfeld bewegen. Im Landkreis Dingolfing stiegen die Ausgaben im Verwaltungshaushalt beispielsweise um 22 Prozent
Ja, auch die Personalkosten sind erneut gestiegen und in der Tat haben gerade wir im Landkreis Regensburg einen gewaltigen Sprung nach oben gemacht. Seit 2018 um 17 Millionen Euro auf nun veranschlagte 44,3 Millionen Euro. Das ist nicht erfreulich, ABER ich habe nie verstanden, wie sich Altlandrat Mirbeth mit den niedrigsten Personalkosten pro Einwohner gerühmt hat, da dies zwangsläufig mit Qualitäts- und vor allem Serviceeinbußen einherging. Die Aufgaben für die öffentliche Hand nahmen ferner zu, weshalb nahezu alle Landkreis-Kommunen ihre Personalausgaben in den letzten Jahren merklich angehoben haben. Nehmen wir die drei Größten: In Regenstauf stiegen sie in den letzten zehn Jahren beispielsweise im Schnitt um plus fünf Prozent. In Lappersdorf gab es Jahre mit nur zwei Prozent Plus, aber auch mit bis zu 20 Prozent. Auch auf der Homepage unseres finanzstärksten Players im Landkreis, der Stadt Neutraubling, lese ich von spürbaren Personalkostensteigerungen.
Dass die Aufgaben im Landkreis heute andere sind als vor zehn Jahren steht außer Frage und dass wir auch mit Personalausgaben von 220 Euro pro Einwohner den bayernweiten Vergleich nicht scheuen brauchen, ebenso!
Gleichwohl gilt es hier natürlich Vorsicht walten zu lassen, zumal es in Zeiten eines leergefegten Arbeitsmarktes – gerade für den öD – zunehmend darauf ankommen wird, Verwaltungsstrukturen effizienter zu gestalten und Wege zu finden, die es uns erlauben, auf Qualität statt Quantität zu setzen. Dass der Landkreis weiterhin nicht von der Möglichkeit einer vierprozentigen Leistungsprämie für Tarifangestellte Gebrauch macht, erschließt sich mir hier beispielsweise nicht, wobei das nur eine Randnotiz bei diesem schwierigen Unterfangen sein kann. Was mich in den letzten Wochen nachdenklich gestimmt hat (das möchte ich nicht verhehlen): Aus den Abteilungen wurden zunächst 64 zusätzliche Stellen als Bedarf gemeldet und die Landrätin wurde nicht müde zu betonen, dass man sich das dieses Jahr besonders kritisch angesehen habe und nun lediglich 20 neue Stellen einplanen würde. Ich hoffe doch sehr, dass ähnlich kritisch auch bereits in früheren Jahren die Meldungen aus dem Hause überprüft wurden. Wie die Auslastung in den jeweiligen Abteilungen tatsächlich ausfällt, kann der Kreistag nicht wirklich beurteilen, vielleicht auch deshalb sollte perspektivisch darüber nachgedacht werden, eine externe Bewertung vornehmen zu lassen.
Dass der Landkreis alljährlich auch für staatliche Aufgaben höher Ausgaben als Erstattungen verzeichnet, ist und bleibt bedauerlich. Wir alle erhielten von der Kreiskämmerin eine Übersicht mit den größten Mehrausgaben, die sich auf 20 Millionen Euro summieren. Jugendhilfekosten, Bezirksumlage, Tariferhöhungen und all dies trägt zur Steigerung der Kreisumlage bei, aber es gibt wenig Sinn darüber zu diskutieren, weil wir es nicht ändern können. Zahlreiche Einsparungspotenziale im Bereich der freiwilligen Leistungen (z. B. Vereinsförderung, soziales Engagement oder Kulturarbeit) haben wir auch in der Fraktionssprecherrunde geprüft und zumeist aufgrund der überschaubaren Effekte bzw. der fehlenden Verhältnismäßigkeit wieder verworfen.
Zu prüfen wird indes in den nächsten Monaten sein, wie wir mit einer bayernweit vermutlich einzigartigen Bezuschussungshöhe für unseren ÖPNV verfahren wollen. Die GFN wird wohl auf einen Jahresfehlbetrag von sage und schreibe 11,6 Millionen Euro kommt. Knapp zehn Millionen Euro muss der Landkreis dazuschießen. Ich bin weit davon entfernt, hier massiv den Rotstift ansetzen zu wollen, aber wir müssen strategisch hinterfragen, umso die Situation mit Innovationskraft für die Zukunft zu verbessern. On-Demand ist bei uns im Landkreis bspw. noch nicht allzu sehr verbreitet und eher in der Erprobung, aber mit einem dahingehend etablierten System könnte eine Effizienzsteigerung unseres ÖPNVs einhergehen.
Auch der zunehmende finanzielle Aufwand des Landkreises mit unserem Kreiskrankenhaus macht mir Sorge, zumal wir in den kommenden Jahren mit hohen Investitionskosten von 27 Millionen Euro für den Landkreis planen. Natürlich ist hier die politische Großwetterlager in den letzten Jahren nicht leichter geworden und deshalb steht für mich im Übrigen fest, dass sich ein Krankenhausdirektor gerade in diesen Zeiten des überfälligen Umbruchs in Deutschlands Krankenhausnetz zu 100 Prozent aufs Kreiskrankenhaus konzentrieren können sollte. Die Butz-Geschäftsführung kann nur eine sehr temporäre Übergangslösung sein! UND temporär müssen unbedingt auch der Leerstand bzw. die Vermietung von Wohnungen an Dritte bleiben, die der Landkreis für 20 Jahre teuer oberhalb eines sogenannten Marken-Discounters in Wörth für Krankenhauspersonal angemietet hat. Hoffen wir alle darauf, dass uns hier nicht vom gleichen Unternehmen eine ähnlich herausfordernde Immobilie wie das GH Butz aufgelastet wurde. Unter der Schaffung von bezahlbaren Mitarbeiterwohnungen stelle ich mir jedenfalls etwas anders vor.
Ja, meine Kolleginnen und Kollegen, die Kreisumlage steigt um vier Prozent! Dass ist ganz und gar nicht erfreulich. Für Wenzenbach bedeutet dies Mehrbelastungen von fast einer Million Euro. ABER zur Wahrheit gehört auch, dass wir nun über viele Jahre hinweg eine sehr niedrige Kreisumlage hatten. 2023 die viertniedrigste in ganz Bayern. Auch mit 43,5 Prozent sind wir noch im unteren Bereich. Ich darf mal aus der Haushaltsrede 2024 des Passauer Landrats zitieren. Dieser zeigte sich trotz einer Kreisumlagenerhöhung um fünf Prozent auf 46,5 Prozent zufrieden, denn man sei damit „an zweitniedrigster Stelle in Niederbayern und immer noch eher niedrig in Bayern.“
In Deggendorf erhöhte man im Übrigen um vier Prozent auf 50 Prozent! Also wird unsere Kreisumlagenerhöhung am Ende heißer gekocht als gegessen? Alles halb so schlimm!??? Nun ja, Deggendorf bietet sich als guten Übergang zum Vermögenshaushalt an.
Die Niederbayern investieren nämlich bei einem Gesamthaushaltsvolumen von 189 Millionen Euro über 30 Millionen Euro, also fast so viel wie wir mit unserem 286-Millionen-Euro-Haushalt. Die Investitionsquote liegt damit mehrere Prozent über der des Landkreises Regensburg und das, liebe Kolleginnen und Kollegen ist keine Seltenheit in der Nachbarschaft!
Was mir Sorge macht: Wir haben einiges an unvermeidbaren Investitionen für dieses und die nächsten Haushaltsjahre vorgesehen, aber Großinvestitionen wie beispielsweise ein drittes Landkreisgymnasium oder die Weiterführung der R6 in Richtung B16 werden nicht oder zumindest nur mit sehr überschaubaren Mitteln für die Zukunft berücksichtigt.
Schade, denn die tatsächlich leicht verbesserten Zahlen bei der Steuer- und Umlagekraft ließen sich noch besser steigern, wenn wir hier neue Maßstäbe setzen und damit noch attraktiver werden würden, speziell auch für die Wirtschaft. Wenn im Vorbericht darauf hingewiesen wird, dass die Landkreiskommunen ihre Hebesätze heraufsetzen sollen, ist das zwar aus Sicht der Kreiskämmerin nachvollziehbar, aber aus kreispolitischer Sicht müssen wir uns zusätzlich fragen, wie wir den Landkreis als Wirtschaftsstandort insgesamt attraktiver machen können. Diese Aufgabe fällt nicht nur den Gemeinden zu! Wenn Ausgaben nicht hinreichend reduziert werden können, dann braucht es eben einen Aufschwung bei den Einnahmen. Mein Fazit, werte Kolleginnen und Kollegen: Frau Grimm und Ihr Team haben, das konnte ich die letzten Wochen eindrucksvoll erleben, wirklich mit spitzen Bleistift nachgerechnet. Dafür besten Dank! Dass nun über Jahre hinweg mit einer negativen „freien Finanzspanne“ gerechnet werden soll, ist aber arg. Wir alle wissen, dass es perspektivisch nicht bei 43,5 und auch nicht bei 45,5 Prozent Kreisumlage bleiben wird, insbesondere dann nicht, wenn Zukunftsprojekte angepackt werden sollen. Ich hätte weniger Bauchschmerzen mit diesem Haushalt, wenn die vier Prozent Umlageplus aufgrund wichtiger Investitionen anfallen würden. Kurzum, die haushälterischen Aussichten sind mau, aber wie heißt es doch so schön, Kolleginnen und Kollegen, geschätzte Frau Landrätin, auch aus schlechten Aussichten lassen sich noch gute Einsichten gewinnen! Das scheint mir eine Gemeinschaftsaufgabe für den Kreistag als Kollegialorgan zu sein, ganz wie es im Pixi-Buch steht. Da erklärt die Landrätin den Kindern: „Wichtige Entscheidungen treffe ich als Landrätin nicht selbst, das macht – regelmäßig - der Kreistag.“
Text: Sebastian Koch