"Die Salafisten haben gelernt, wie sie in die Medien kommen. Da laufen ein paar Typen in Westen mit der Aufschrift 'Sharia Police' durch Wuppertal und am nächsten Tag berichten darüber sogar amerikanische Medien." Für den Islam- und Politikwissenschaftler Dr. Marwan Abou-Taam ist diese Entwicklung fatal.
"7.000 oder 8.000 Salafisten prägen hierzulande das Bild des Islam. Dabei leben in Deutschland mehr als vier Millionen Muslime, die nicht radikaler und genauso gesetzestreu sind wie ihre Mitbürger." Aber der 1975 in Beirut geborene und im Alter von elf Jahren mit seinen Eltern vor dem Bürgerkrieg im Libanon nach Deutschland geflüchtete Dr. Abou-Taam möchte keine Resignation verbreiten. Der auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Kreisgruppe Oberpfalz-Süd der Reservistenkameradschaft nach Donaustauf gekommene deutschlandweit gefragte Experte zeichnet vor zahlreichen Besuchern im Bürgersaal vielmehr ein sehr differenziertes Bild des Islam.
Gleichwohl beschäftigt sich der für das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz arbeitende Wissenschaftler intensiv mit der islamistischen Szene in Europa. Sie erhebt wie alle Fundamentalisten "Anspruch auf die absolute Wahrheit" und unterscheidet nur nach "Gut" und "Böse". Gerade die Salafisten bekämpfen deshalb die Demokratie und lehnen Liberalität und Pluralismus ab.
Und Abou-Taam sucht Antworten auf die Frage: “Was treibt junge in Deutschland geborene und aufgewachsene Muslime dazu, sich für radikale Strömungen im Islam zu begeistern und im Extremfall für Terror-Organisationen in den Krieg zu ziehen?" Fest steht für ihn: "Die religiösen Kenntnisse der Dschihadisten sind oft nur oberflächlich. Viele von denen, die für den 'Islamischen Staat' oder andere Terroristen kämpfen und morden, sind Abenteurer, Mitläufer oder leben ihre Gewaltfantasien aus."
Aus zahlreichen Gesprächen mit Islamisten zieht der für das LKA in Mainz tätige Politologe den Schluss: "Wer sich erst einmal zum Salafismus bekennt, ist nur noch schwer zu deradikalisieren." Erfolgversprechender sei es, besonders den heranwachsenden Muslimen mit Offenheit, Wertschätzung und Anerkennung zu begegnen – gerade von Seiten der so genannte Mehrheitsgesellschaft. Wenn sich dann bei einzelnen Jugendlichen "etwas anbahnen" sollte, müssten Eltern und Lehrer wissen, wer ihnen helfen kann. Dabei seien besonders die muslimischen Gemeinden gefragt und gezielt zu unterstützen.
Text: FES