Bezirksparteitag der Oberpfalz-SPD am 19.11.2011

19. November 2011

Mit überwältigender Mehrheit haben die Delegierten auf dem Bezirksparteitag der Oberpfalz-SPD in Neutraubling ihren Vorsitzenden Franz Schindler aus Schwandorf am Samstag, 19. November, im Amt bestätigt. Schindler bleibt für zwei weitere Jahre Chef der Oberpfälzer Sozialdemokraten.

2011-11-19 Bezirksparteitag

In seiner "Bewerbungsrede" brachte Schindler die Hoffnung zum Ausdruck, beim Bezirksparteitag in zwei Jahren ein sozialdemokratisches Mitglied der Bayerischen Staatsregierung begrüßen zu können. Gleichzeitig warnte er aber davor, die Wahlen im Jahr 2013 schon als gewonnen anzusehen. Das 50-jährige Jubiläum in der Opposition habe er selber "mitfeiern" dürfen. "Das hat uns auf europäischer Ebene noch keiner nachgemacht", berichtete Schindler mit einem Schuss Selbstironie. "Aber jetzt muss es genug sein!“ „Endlich" habe sich Christian Ude dazu entschieden, für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren. So werde man mit dem Ziel antreten, die "CSU in die Opposition zu schicken".

Hart ins Gericht ging Schindler mit dem Versagen des Rechtsstaates in Bezug auf rechtsradikal motivierte Straftaten. Für den Fall, dass sich einige Menschen treffen würden, um gegen Nazis zu demonstrieren, erscheine keine zehn Minuten später der Staatsapparat in Form von Kripo und Verfassungsschutz, um alles genau zu beobachten. Jahrelang hingegen sei es Rechtsradikalen möglich gewesen, Menschen zu ermorden. Erkenntnisse seien nicht richtig ausgewertet worden, Minister seien "plötzlich ganz betroffen".

"Wir waren der Meinung, so etwas gibt es schon", quittierte Schindler die Pläne, nun eine gemeinsame Koordinierungsstelle einzurichten. Für die Gegenseite gebe es so etwas schon lange. Schindler stellte auch klar, dass die SPD Gewalt nie dulden werden, egal, ob sie von links oder von rechts komme. Auch die Praxis, V-Leute in die NPD einzuschleusen, kritisierte Schindler. "Es ist unerträglich, dass mit Steuergeldern solche Parteien unterstützt werden!"

Der Parteitag billigte eine Resolution mit dem Titel "Rechtsextremen Terror bekämpfen – Solidarität mit den Angehörigen" bei nur einer Enthaltung. "Die SPD in der Oberpfalz ist schockiert über die Reihe rechtsextremer Straftaten, deren Verbindung und Ausmaß erst in den letzten Tagen zum Vorschein gekommen sind, und drückt den Hinterbliebenen der Opfer ihr vollstes Mitgefühl und ihre Solidarität aus." Die Resolution fordert Konsequenzen beim Verfassungsschutz, dieser müsse im Bund und in den Ländern auf den Prüfstand gestellt werden. Ebenso sollte eine erneute Prüfung eines NPD-Verbotsverfahrens geprüft werden. "Wir verurteilen überdies jedwede Kürzung oder Umwidmung von Mitteln zur Förderung des Kampfes gegen Rechts und setzen uns – im Gegenteil – für eine Aufstockung dieser Mittel und gegen Maßnahmen, die entsprechende Aktivitäten behindern können, ein."

Schindlers bisherige Stellvertreter – Ismail Ertug (Europaabgeordneter aus Amberg), Joachim Wolbergs (Bürgermeister in Regensburg), Marianne Schieder (Bundestagsabgeordnete aus Wernberg-Köblitz) und Werner Schieder (Bundestagsabgeordneter aus Weiden) wurden von den Delegierten ebenfalls im Amt bestätigt. Die Kasse führt weiter Sebastian Roloff (Regensburg).

Jürgen Kerner, Mitglied des Hauptvorstandes der IG Metall Bayern, war als Gastredner nach Neutraubling gekommen. Sein Schwerpunkt lag auf dem Arbeits- und Finanzmarkt. Banken müssten aufhören zu "zocken". Der "Kasinokapitalismus" müsse eingeschränkt werden, Zockerei an der Börse dürfe sich nicht auch noch finanziell lohnen. Man sollte "Geld nicht in die Welt schicken", sondern besser in Arbeitsplätze investieren, so Kerner. Zehn Jahre oder länger als Leiharbeiter in einem Betrieb zu arbeiten, sei "unwürdig". Junge Menschen mit Praktika abzuspeisen könne nicht die Lösung sein. In Bezug auf die Arbeitszeiten müsse klar sein, dass jeder Mensch auch Erholungszeiten brauche. Hier könnte man sich an den skandinavischen Ländern ein Beispiel nehmen. Hier sei es gute Sitte, dass zum Beispiel nach 17 Uhr keine Projektbesprechungen mehr stattfinden, denn das gemeinsame Abendessen der Familie gehöre zum alltäglichen Leben dazu. "Und das sind florierende Industriestaaten!" Zum rechten Terror verlangte Kerner, "den Finger in die Wunde zu legen". Zu lange sei man von der Theorie der Einzeltäter ausgegangen. Es sei nun Pflicht, als Gesellschaft zusammenzustehen. Ein Verbot der NPD werde die Probleme wohl nicht lösen, man müsse sicher tiefer gehen. "Aber ein Verbot könnte ein Zeichen setzen", so Kerner.

2011-11-19 Bezirksparteitag2

Am Rande des Parteitages gab es noch zwei kleine Schmankerl. Franz Schindler konnte der Landtagsabgeordneten Margit Wild aus Regensburg zum Geburtstag gratulieren. Die Frage nach dem Alter wurde dabei geschickt übergangen. Zum anderen traute sich ein Schwarzer in die rote Versammlung. Neutraublings Bürgermeister Heinz Kiechle hatte extra seine rote Krawatte angelegt, was die Delegierten aus Neutraubling natürlich besonders freute. Ein kleiner Seitenhieb ging dann noch an den Regensburger Bürgermeister Joachim Wolbergs: "Ich freue mich immer über Gäste aus Regensburg, die zu uns in die Stadthalle nach Neutraubling kommen. Denen zeigen wir dann, was man mit einer schönen Stadthalle alles machen kann!"

Text & Fotos: Ursula Hildebrand

Teilen